Offener Brief an die SEK-Abgeordnetenversammlung

In der SRF-Rundschau am 23. Oktober 2019 wurde über die Gruppe von Pfarrerinnen und Pfarrern Berichtet, die eine Erklärung gegen die Einführung der Ehe für alle abgegeben haben. In meinem Beitrag “Ich habe wohl gelesen” auf diesem Blog habe ich diese Erklärung ausführlich behandelt.

Schon am Tag nach dem Rundschau-Beitrag hatte ich einen persönlichen offenen Brief an die Delegierten des SEK geschrieben und dem Büro der DV zugestellt. Den Inhalt des Briefes habe ich zuerst nur auf facebook gepostet. Für die bessere Auffindbarkeit für Interessierte veröffentliche ich den Wortlaut auch noch mal hier.

Ehe für alle, Ermutigung zur Öffnung; offener Brief

Sehr geehrter Herr Präsident Pierre de Salis
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete

In den vergangenen Tagen liessen sich etliche Pfarrerinnen und vor allem Pfarrer deutlich vernehmen, die sich ablehnend zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare äussern. Es ist mir ein Anliegen, dass nicht nur diese Stimmen gehört werden. Darum gelange ich kurz vor Ihrer Versammlung am 4. und 5. November mit diesem Schreiben an Sie.

Die Empfehlung des Rates des SEK, die kirchliche Trauung für (zivil getraute) gleichgeschlecht­liche Paare zu öffnen, finde ich richtig. Ich sehe darin keinen Bruch mit einer alten Tradition, sondern einen jetzt fälligen nächsten Schritt auf einem fortwährenden Lernweg, auf dem sich die Kirche und schon davor das von Gott erwählte Volk seit den Anfängen bewegt.

Die Kirche hat in der Vergangenheit gegenüber nicht normativ-heterosexuell liebenden Menschen schwere Fehler begangen und aufgrund weniger Buchstaben der Heiligen Schrift Ausgrenzung und Diskriminierung praktiziert, dem Hass Vorschub geleistet und so das Liebesgebot der Bibel verraten. Heute haben wir die Gelegenheit, aus den vergangenen Fehlern und der immer wieder neu gehörten befreienden Liebesbotschaft der Heiligen Schrift zu lernen und einen besseren Weg einzuschlagen im Umgang mit unseren Mitmenschen.

In Ihrer letzten Versammlung im Juni 2019 haben Sie die Wirklichkeit der unterschiedlichen sexuellen Orientierungen als Ausdruck der geschöpflichen Fülle erkannt. Ich ermuntere Sie, auf diesem eingeschlagenen Weg nun den konsequenten nächsten Schritt zu gehen. Einem Liebespaar, egal welchen Geschlechts, das sich für ein verbindliches Zusammenleben in gegenseitiger Verantwortung entscheidet und dafür den Segen Gottes erbittet, soll dieser Segen nicht durch Menschen und erst recht nicht durch die Kirche verweigert werden. Ist eine solche Liebe nicht vielmehr Anlass zum Feiern, für die Liebenden, deren Familien und die Kirche?

Ich danke Ihnen für Ihren verantwortungsvollen Dienst als Abgeordnete im Kirchenbund. Und ich wünsche Ihnen eine segensreiche Versammlung.

Freundliche Grüsse
Matthijs van Zwieten de Blom
Pfarrer in der Evangelisch-Reformierten Kirchgemeinde Rein (AG)

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